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Oder: Wie man in sieben Tagen zum wandelnden Schadensbericht wird. Und welche Optionen es gibt.
Es gibt Wochen, da sollte man einfach im Bett bleiben. Besser noch: gar nicht erst aufwachen. Noch besser: direkt ins künstliche Koma versetzen lassen und auf bessere Zeiten hoffen.
Denn manchmal stapelt das Schicksal die Katastrophen so geschickt übereinander, dass man sich ernsthaft fragt, ob man nicht versehentlich einen mittelalterlichen Fluch aktiviert hat.
Vielleicht beim letzten Museumsbesuch? Oder hat man einer schwarzen Katze den Weg versperrt, ist unter einer Leiter hindurchgegangen und hat dabei einen Spiegel zerbrochen – alles gleichzeitig?
Montag: Der Staat meldet sich
Montag, endlich einen guten Wochenstart hinlegen. Aber nein. Ein Brief flattert rein. Absender: Staatliche Förderbank. Betreff: Rückforderung Corona-Hilfen.
Natürlich. Die Corona-Hilfen, die einen vor fünf Jahren über Wasser gehalten haben, will der Staat jetzt zurück. Irgendwas mit „Nachprüfung“ und „Anspruchsvoraussetzungen nicht vollständig erfüllt“.
Sie lesen den Brief dreimal, verstehen nur Bahnhof, aber die Zahl am Ende ist glasklar: Vierstellig. Rückzahlung bis Ende des Monats.
Sie lachen. Erst leise, dann lauter. Hysterisch. Die Büronachbarn klopfen besorgt an die Wand.
Dienstag: Kunden mit Amnesie
Die Kunden. Diese wunderbaren Menschen, die Ihre Dienstleistung in Anspruch nehmen und dann plötzlich an akuter Zahlungsunfähigkeit leiden. Oder war es Vergesslichkeit? Die neue deutsche Wirtschaft? Oder einfach dreiste Ignoranz?
Drei Rechnungen und alle überfällig. Mahnungen sind lange raus. Anrufe führen ins Leere. Eine Kundin erklärt am Telefon, sie hätte „doch bestimmt schon bezahlt“, könne sich aber an keine Überweisung erinnern.
Der Kontostand sagt was anderes. Ein anderer Kunde ist „gerade im Urlaub“ und kann „frühestens in drei Wochen“ zahlen. Schön für ihn. Bei Instagram ist er auf einer Yacht zu sehen.
Ihre Miete ist aber übermorgen fällig. Das Universum lacht mit. Sie hören es förmlich.
Mittwoch: Physik live erleben
Ampel. Rot. Sie stehen brav. Ein ganz normaler Mittwochmorgen. Dann: Rumms!
Ein Auffahrunfall. Von hinten. Weil die Pechsträhne Sie gerade systematisch von allen Seiten angreift und Fairness offenbar ein Fremdwort ist.
Der Fahrer hinter Ihnen war „kurz abgelenkt“. Das Auto: Delle in der Stoßstange, alle Sensoren platt, die LED-Rücklichter kaputt. Ihr Nacken: Auch nicht mehr das, was er mal war.
Polizei, Unfallbericht, Hausarzt und Versicherung anrufen. Fünf Stunden Ihres Lebens, die Sie nie zurückbekommen. Der andere Fahrer entschuldigt sich nonstop und verspricht, alles zu bezahlen. Seine Versicherung wird das hoffentlich auch so sehen.
Donnerstag: Moderne Kunst
Sie kommen nach Hause. Es plätschert. Romantisch? Nein. Ein Wasserrohrbruch. Nicht irgendwo unter der Erde oder im Keller, wo man es elegant ignorieren könnte. Nein, direkt in der Wand zum Wohnzimmer.
Das Wasser sucht sich seinen Weg – durch Putz, Tapete und Ihr Regal mit den Büchern, die Sie irgendwann mal lesen wollten. Jetzt sind sie nass. Und wellig. Moderne Kunst.
Klempner-Notdienst.“Wir haben gerade viel zu tun“, erklärt die freundliche Stimme am Telefon. „Kann frühestens morgen jemand kommen.“
Das Wasser fließt weiter. Sie stellen Eimer auf und beginnen, an höhere Mächte zu appellieren.

Freitag: Körperteile geben auf
Beim verzweifelten „Warum Ich“-Gestikulieren – also die Arme nach oben und theatralisches Flehen inklusive – passiert es: Handgelenk verstaucht.
Ernsthaft. Ernsthaft? Man kann sich nicht mal mehr ordentlich über sein Schicksal beschweren, ohne dass der eigene Körper rebelliert.
Das Handgelenk schwillt an, tut höllisch weh und natürlich ist es die rechte Hand. Die, mit der man alles macht. Schreiben, essen, Türen öffnen und existieren.
Kühlpack drauf, Schmerztablette rein, in die Ecke setzen und leise weinen. Die Woche ist noch nicht vorbei, aber Sie sind schon fertig.
Samstag: Große Hoffnung
Es fängt vielversprechend an. Die Lotto-App piepst – fünf Richtige! Wow, cool. Der Champagner wird rausgeholt. Dann der Blick auf die sechste Zahl.
Einen daneben. Einen! Statt einer Million oder mehr gibt es 750 Euro und einen Nervenzusammenbruch. Die sechste Zahl war eine 23, gezogen wurde die 24.
Aus gedanklich wird schon die Villa auf Mallorca eingerichtet und überlegen, welcher Sportwagen es sein soll, entstehen final eine Packung Taschentücher und ein bitterer Kaffee aus dem Discounter. Willkommen in der Woche aus der Hölle.
Statt wie werden Sie mit einer schwarzen Amex elegant die Corona-Rückforderung, säumige Kunden, das kaputte Auto und den Wasserrohrbruch los: Wieder Pech gehabt.
Sonntag: Digitaler Suizid
Das Handy. Ihr treuer Begleiter und Ihre Verbindung zur Welt. Es hat die ganze Woche tapfer durchgehalten, hat Ihre Verzweiflung dokumentiert, war Zeuge all dieser Katastrophen.
Jetzt gibt es auf. Sie ziehen es aus der Tasche, es rutscht Ihnen aus der geschwollenen, verstauchten Hand und fällt auf den Boden.
Display: Spinnennetz der Zerstörung. Das Handy lebt noch, irgendwo da drin blinken Nachrichten, aber Sie sehen nur Scherben und Verzweiflung.
Reparatur? Die 750 Euro für den Fünfer sind direkt weg. Neues Handy? Noch mehr. Das Geld von den nicht zahlenden Kunden hätten Sie jetzt gut gebrauchen können.
Was also tun?
Bei so einer massiven Pechsträhne gibt es eigentlich nur drei Optionen.
Option 1: Sich in der Wohnung verbarrikadieren, alle Geräte ausschalten, niemandem die Tür öffnen und auf bessere Zeiten warten. Vielleicht hilft eine Woche in Vollquarantäne? Das Pech kann nicht rein, wenn die Tür zu ist. Vielleicht.
Option 2: Lachen. Einfach lachen. Wenn das Leben Ihnen so viele Zitronen gibt, dass Sie eine Zitronenfarm eröffnen könnten, bleibt nur noch Galgenhumor. Irgendwann ist der Boden erreicht und dann kann es nur noch aufwärts gehen.
Option 3: Zum Wahrsager gehen und fragen, welchen antiken Fluch man aufheben muss. Alternativ: Sämtliche Glücksbringer kaufen, die es gibt. Hufeisen, vierblättrige Kleeblätter und Glücksschweine – das volle Programm.
Die Wahrheit? Solche Wochen passieren. Sie sind furchtbar, absurd und fühlen sich an wie eine schlechte Sitcom. Aber sie gehen vorbei. Meistens sehr schnell.
Bis dahin: Durchhalten, Humor bewahren (soweit möglich) und vielleicht beim nächsten Lottospiel einfach die 24 statt der 23 ankreuzen.
Und falls Sie die Person sind, die das alles gerade durchmacht: Es tut uns leid. Wirklich. Bleiben Sie stark. Die nächste Woche kann nur besser werden.
Sierks Media / © Fotos: Clément Falize (1), Matt Benson (1), Unsplash











