Judith Bauer formt aus Holz edle Musik – und tritt jeden Tag aufs Neue den Beweis an, dass das Handwerk des Geigenbauens nicht nur eine große Vergangenheit, sondern auch eine große und innovative Zukunft hat – mit heimischem Fichtenholz statt klassischem Ebenholz oder Streichinstrumenten, die aus Carbonfasern bestehen.


Über zwanzig Jahre verfeinerte sie in der Heimat der Stradivaris in Italien, in Portugal und Frankreich ihr Können. Jetzt entschied sie sich, nach Deutschland zurückzukehren und hier ihre eigene Werkstatt zu eröffnen. Ihr Anspruch: Jedes Instrument soll ein individuelles Einzelstück sein, das seinen Spieler lange begleitet. Auch berühmte Musiker setzen inzwischen auf das Können der Oberpfälzerin.

Dass sie einmal so lange wegbleiben würde, hätte Judith Bauer damals, als sie für ihre Ausbildung zur Geigenbauerin nach Italien ging, nicht für möglich gehalten. Und doch: Erst 23 Jahre später ist die gebürtige Weidenerin in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie sitzt in ihrer Werkstatt und spielt auf dem Cello, mit dem damals alles begann.

„Als Teenager fing ich mit dem Cello spielen an und als das kaputtging und ich daraufhin eine Geigenbauerwerkstatt von innen sah, war es um mich geschehen. Da wusste ich, dass ich das einmal beruflich machen möchte“, erinnert sie sich. Gepackt von ihrer Begeisterung ging Judith Bauer nach ihrem Abitur in der Oberpfalz in die italienische Stadt Cremona.

Dort, wo weltberühmte Geigenbauerfamilien wie Stradivari zu Hause sind, lernte die damals 19-Jährige ihr Handwerk von der Pike auf. Praktika in Italien und Frankreich und die spätere Arbeit in Portugal vertieften nicht nur ihr handwerkliches Wissen. Sie bereicherten auch ihren Sprachschatz, der mittlerweile Italienisch, Portugiesisch, Französisch, Englisch und Spanisch umfasst.

judithbauer.com
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Ihre Gesellenjahre verbrachte Judith Bauer in Italien. Nur für die Gesellenprüfung kam sie kurz nach Deutschland zurück an die Staatliche Musikinstrumentenbauschule in Mittenwald. Nach ihrem Abschluss ging es für Bauer weiter nach Portugal. „Mein Antrieb war, mein Wissen bei den Profis zu vertiefen.“ So absolvierte sie zahlreiche Praktika, unter anderem in der Werkstatt des renommierten Geigenbauers Christian Bayon in Lissabon.

2002 wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit: Bauer eröffnete ihre erste eigene Geigenwerkstatt in der portugiesischen Hauptstadt. Mit großem Erfolg: „Deutsche Qualitätsarbeit ist im Ausland höchst angesehen.“ Vor allem für ihre Genauigkeit und ihre Pünktlichkeit würden die Deutschen, laut Bauer, im Ausland sehr geschätzt.

„Die Portugiesen hingegen sind stolz darauf, dass sie viel spontaner sind als wir. Bei denen geht nicht gleich die Welt unter, wenn man zum Beispiel mal was vergessen hat. Die improvisieren gerne. Davon könnten wir uns im überkorrekten Deutschland sicherlich noch eine Scheibe abschneiden.“

Dem Vorurteil, dass das Geigenbauhandwerk altbacken sei, widerspricht Judith Bauer. Sie ist sich sicher, dass man den Nachwuchs mit den richtigen Argumenten für ein Traditionshandwerk überzeugen könne: „Als Handwerker kann ich etwas Nachhaltiges und Kreatives mit meinen eigenen Händen erschaffen. Das gibt dir so viel Zufriedenheit.“

Für Künstler wie Cellistin Hannah Chang oder Geigenspieler Chao Bin sind die Instrumente unentbehrlich.
Für Künstler wie Cellistin Hannah Chang oder Geigenspieler Chao Bin sind die Instrumente unentbehrlich.

In ihrer Werkstatt arbeitet sie mit dem kostbaren Naturstoff Holz. „Daraus forme ich Musik. Das ist wunderbar und inspiriert mich total.“ Auch in einem Traditionshandwerk wie dem Geigenbau gebe es laut Bauer Innovationen, wie E-Geigen oder Streichinstrumente aus Carbonfasern, einem Material, das eigentlich im Auto- und Flugzeugbau Verwendung findet.

Auch werde im Geigenbau aktiv Forschung betrieben. Zum Beispiel in Sachen Umweltschutz: „Wissenschaftler aus Zürich fanden eine gute Alternative zum stark gefährdeten Ebenholz“, weiß die Weidenerin. Das könne man in Zukunft durch heimisches, speziell behandeltes Fichtenholz ersetzen, das so der artengeschützten Tropenholzart qualitativ in nichts nachstehe.

Judith Bauer
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Das sei ein Schritt in die richtige Richtung, findet Judith Bauer. Gibt ein Kunde ein neues Streichinstrument bei ihr in Auftrag, geht die Handwerkerin in einem Vorgespräch ganz genau auf die individuellen Bedürfnisse ein: Ist der Kunde Kammermusiker oder Solist? Welche Art der Musik spielt er auf dem Instrument? Handelt es sich um einen Profi oder um einen Anfänger?

Ihr Ziel: „Jedes Instrument soll ein individuelles Einzelstück sein, das seinen Spieler lange begleitet.“ International berühmte Kunden, wie die Cellistin Hannah Chang oder der Geigenspieler Chao Bin ließen schon ihren Bogen von Bauer behaaren oder gaben ein neues Instrument in Auftrag.

Auf die Frage, ob sie manchmal noch das Fernweh packt, muss Judith Bauer schmunzeln: „Fernweh würde ich es nicht nennen, das habe ich gestillt. Aber verreisen möchte ich noch ganz viel.“ Doch zunächst heißt es für die Oberpfälzerin weiter ankommen.

Sie sagt: „Nach 23 Jahren im Ausland braucht man erst einmal, um wieder Fuß zu fassen, auch wenn es eigentlich deine Heimat ist. Ich freue mich auf die Abenteuer, die mich nun hier erwarten.“

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