Allem Anschein nach drehen die Reichen und Schönen unter den Auto-Enthusiasten bei Versteigerungen alten Blechs neuerdings die eine oder andere Million zweimal um, bevor sie sich von ihr trennen. Und wenn sie sich doch dazu entschließen, zu bieten, bis der Hammer fällt, tun sie das schweren Herzens.


Jüngstes Indiz dafür ist das Ergebnis der traditionell jedes Jahr spektakulärsten Auto-Auktionen anlässlich der Monterey Car Week Mitte August in Kalifornien. Die Auktions-Veranstaltungen von 2019 endeten mit einem vorläufigen Gesamtumsatz von 245,5 Millionen US-Dollar (221 Millionen Euro), was einem Rückgang von 34 Prozent oder 125,9 Millionen Dollar (113,31 Millionen Euro) gegenüber dem Gesamtergebnis von 2018 entsprach.

„War es die drohende Rezession, die wirtschaftliche Unsicherheit oder ein Angebot von zu vielen Autos in zu kurzer Zeit – die Ergebnisse von 2019 waren im Vergleich zu den Vorjahren ernüchternd“, stellte ein Experte von Hagerty, der weltweit führenden amerikanischen Versicherungsagentur für Sammlerfahrzeuge, fest. Immerhin kamen diesmal an drei Tagen 1.315 Autos unter den Hammer, von denen 768 einen neuen Besitzer fanden.

1958er Ferrari 250 California Spider mit langem Radstand, 8.920.000 Euro
1958er Ferrari 250 California Spider mit langem Radstand, 8.920.000 Euro

Ein Jahr zuvor hatte es noch reichlich Anlass zum Jubel gegeben, denn 2018 war mit einem Umsatz von zusammen 371 Millionen Dollar (334 Millionen Euro) der sechs beteiligten Auktionshäuser als Rekordjahr in die Monterey-Geschichte eingegangen. An der Spitze lag damals ein Ferrari 250 GTO SI Coupé von 1962, für das der Auktionator von RM Sotheby’s die Wahnsinns-Summe von 48,405 Millionen Dollar (43,565 Millionen Euro) einsammelte. Den zweiten Platz belegte mit 22 Millionen Dollar (19,8 Millionen Euro) beim Versteigerer Gooding & Company ein Duesenberg SSJ Roadster von 1935. Und nun? 2019 blieb die 20-Millionen-Grenze unangetastet.

Wieder belegte RM Sotheby’s Platz eins, diesmal mit einem McLaren F1 “LM-spec” Coupé, Baujahr 1994, der jedoch „nur“ 19,805 Millionen Dollar (17,83 Millionen Euro) einbrachte. Als Zweitbester kam bei Gooding & Company ein 1958er Ferrari 250 California Spider mit langem Radstand für 9,905 Millionen Dollar (8,92 Millionen Euro) unter den Hammer. Das sind zwar für Gebrauchtwagen immer noch exorbitante Preise, doch in der ersten Liga der Superkarossen war diesmal nicht mehr zu holen. „Insgesamt kam in diesem Jahr die niedrigste Summe zusammen seit 2011, als Autos für 197 Millionen Dollar die Besitzer wechselten“, war bei Hagerty zu vernehmen. Nach heutigem Kurs waren das damals 177,3 Millionen Euro.

1962er Ferrari 250 GT Coupé mit kurzem Radstand, 7.330.500 Euro
1962er Ferrari 250 GT Coupé mit kurzem Radstand, 7.330.500 Euro

An der mageren 2019er Bilanz änderten auch die Erlöse auf dem vergleichsweise starken Markt für Autos aus den 1960er und 1970er Jahren für unter 75.000 Dollar (67.500 Euro) nichts. Beispielgebend für deren Erfolge standen ein restaurierter Triumph TR6 von 1970, den Bonhams für 28.000 Dollar (25.200 Euro) mit 112 Prozent über dem aktuellen Marktwert verkaufte, ein Volkswagen Karmann Ghia Coupé von 1974, versteigert von Mecum mit 20.350 Dollar (18.315 Euro) um 80 Prozent über dem aktuellen Marktwert, und ein Chevrolet Impala-Cabrio von 1961, das 66.000 Dollar (59.400 Euro) einbrachte.

Die Top Ten in Monterey machten so auch die drei weltweit führenden Versteigerungs-Unternehmen Bonhams, Gooding & Company und RM Sotheby’s unter sich aus:

1.1994er McLaren F1 “LM-spec” Coupé19.805.000 Dollar – 17.830.000 Euro(RM Sotheby’s)
2.1958er Ferrari 250 California Spider mit langem Radstand9.905.000 Dollar – 8.920.000 Euro(Gooding & Company)
3.1962er Ferrari 250 GT Coupé mit kurzem Radstand8.145.000 Dollar – 7.330.500 Euro(RM Sotheby’s)
4.1965er Ford GT40 Prototype Roadster)7.650.000 Dollar – 6.885.000 Euro(RM Sotheby’s)
5.1958er Ferrari 250 GT Cabriolet6.800.000 Dollar – 6.120.000 Euro(Gooding & Company)
6.1965er Aston Martin DB5 Saloon “Bond Car”6.385.000 Dollar – 5.746.500 Euro(RM Sotheby’s)
7.1975er Ferrari 312T Formel 1 Rennwagen von Niki Lauda6.000.000 Dollar – 5.400.000 Euro(Gooding & Company)
8.1960er Porsche 718 RS 60 Werks-Rennwagen5.120.000 Dollar – 4.608.000 Euro(RM Sotheby’s)
9.1958er Ferrari 250 GT Coupe5.100.000 Dollar – 4.590.000 Euro(Gooding & Company)
10.1951er Ferrari 340 America Berlinetta3.635.000 Dollar – 3.271.500 Euro(Bonhams)
1965er Ford GT40 Prototype Roadster, 6.885.000 Euro
1965er Ford GT40 Prototype Roadster, 6.885.000 Euro

Den unrühmlichen Schluss- und Tiefpunkt der Auktionen während der Monterey Car Week bildete ein Auto, das von Insidern mit reichlich Vorschuss-Lorbeeren versehen worden war – und das für mindesten 20 Millionen Dollar (18 Millionen Euro) gut gehalten wurde. Der Porsche Typ 64 von 1939 gilt als erster Porsche überhaupt, Ferry Porsche hatte den Wagen erst dann mit dem Namen seiner Familie versehen, als er mit der Produktion des Porsche 356, des offiziell ersten Porsche-Modells, begonnen hatte.

Nachdem das Fahrzeug bei RM Sotheby’s auf die Bühne gerollt war, las der Auktionator ein Eröffnungsgebot von 30 Millionen Dollar (27 Millionen Euro) von der großen Anzeigetafel im Saal ab und verkündete bald darauf ein Gebot über 70 Millionen US-Dollar (63 Millionen Euro). Auch das stand so an der Wand.

1958er Ferrari 250 GT Cabriolet, 6.120.000 Euro
1958er Ferrari 250 GT Cabriolet, 6.120.000 Euro

Rasch stellte sich jedoch heraus, dass in Wahrheit ein Anfangsgebot in Höhe von 13 Millionen Dollar (11,7 Millionen Euro) vorgelegen hatte, danach 14 Millionen Dollar (12,6 Millionen Euro) und schließlich 17 Millionen Dollar (15,3 Millionen Euro) geboten wurden. Die Elektronik hatte einfach die Eins am Anfang der Zahlen versenkt und stattdessen eine Null ans Ende gesetzt.

So kamen zunächst in der Anzeige die 30 Millionen, dann die 40 Millionen und schließlich die 70 Millionen Dollar zustande. Entnervt brach der Auktionator daraufhin die Versteigerung ab. War hier womöglich der Wunsch Vater der defekten Technik? Das verwöhnte Publikum hatte jedenfalls die Nase voll und verließ in Scharen den Saal im vornehmen Monterey Conference Center.

1965er Aston Martin DB5 Saloon “Bond Car”, 5.746.500 Euro
1965er Aston Martin DB5 Saloon “Bond Car”, 5.746.500 Euro

Was jetzt mit dem Porsche Typ 64 geschieht, steht noch in den Sternen. Kehrt er zu seinem Besitzer zurück oder kommt er bei einer der nächsten Auktionen unter den Hammer? Zurzeit jedenfalls steht er auf der Internet-Seite von RM Sotheby’s noch mit dem Vermerk „Still For Sale“ zum Verkauf. Interessenten können daher immer noch ein Angebot abgeben.

Shots Magazin / © Fotos: Auto-Medienportal.Net, RM Sotheby’s (4), Gooding & Company (2) / Quelle: ampnet, hrr

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Rubriken: Motor