Welches Gericht ist zuständig bei grenzübergreifenden Streitigkeiten? Ein Team der Universität Passau entwickelt in den kommenden beiden Jahren gemeinsam mit Juristen aus sechs europäischen Ländern Trainingsmaterialien zum europäischen Prozessrecht.


„Ich freue mich, damit einen Beitrag für das Zusammenwachsen des europäischen Rechtsraums leisten zu dürfen“, sagt Professor Dr. Dennis Solomon, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Passauer Hochschule. Er koordiniert das Projekt.

Zwei Menschen aus verschiedenen EU-Ländern heiraten. Sie entscheiden sich für ein weiteres EU-Land, ziehen dort zusammen, bauen ein Haus, bekommen Kinder. Es kommt zum Streit, es geht vor Gericht. Nur: Vor welches? Wie wird das Verfahren durchgeführt? Welche Regeln gelten für die Anhörung der Kinder?

Unter welchen Voraussetzungen werden Entscheidungen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat anerkannt oder vollstreckt? Der Teufel steckt im Detail: Solche Fragen werden in der EU-Verordnung Nr. 2201/2003 über Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung behandelt. Die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ganz allgemein sind Gegenstand einer weiteren EU-Verordnung mit der Nr. 1215/2012.

Auf diese beiden Verordnungen konzentriert sich das EU-Projekt „Lawtrain“, an dem die Passauer Wissenschaftler beteiligt sind. Das Ziel: Ein grenzübergreifendes Kooperationsnetzwerk zu schaffen, um Anwälte europaweit im EU-Zivilprozessrecht fortzubilden.

Rechtsstreit über die Grenzen hinweg
Rechtsstreit über die Grenzen hinweg

Die Europäische Union fördert das Vorhaben im Rahmen des „European Union Justice Programme 2014 – 2020“ über eine Laufzeit von zwei Jahren. Die italienische Università degli Studi di Torino in Turin koordiniert das Projekt. Weitere internationale Unis sind beteiligt.

„Das EU-Prozessrecht verhindert Forum Shopping“, sagt Projektmitarbeiter Andreas Scheibenpflug. Darunter verstehen Juristen prozesstaktische Erwägungen einer Partei, sich einen bestimmten Mitgliedstaat für das gerichtliche Verfahren auszusuchen, wo sich die Partei besonders günstige Chancen erhofft. Allerdings herrschen über die Zuständigkeiten bei Anwälten im In- und Ausland mitunter Unsicherheiten.

Diese will das Projekt „Lawtrain“ ausräumen. Dazu bereitet das Passauer Team gemeinsam mit den Partneruniversitäten aus verschiedenen EU-Ländern Rechtsquellen des internationalen Privat- und Verfahrensrechts sowie Leitentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs praxisorientiert auf. So wollen sie den problembewussten Umgang mit europäischen Quellen und Instrumenten des Rechts schärfen und dabei Rechtswissenschaft und Praxis mehrerer Staaten in der EU stärker vernetzen.

Stattfinden sollen dazu 24 Seminare in sieben verschiedenen Sprachen in den beteiligten Ländern. Teilnehmen werden bis zu 720 Anwälte sowie mehr als zehn Rechtswissenschaftler. Neben mehreren Fallstudien entstehen im Rahmen des Projekts eine Webseite, Newsletter sowie Videos und Dokumente als Trainingsmaterialien.

Das neue Projekt knüpft an die Strukturen eines bereits erfolgreich durchgeführten früheren Projekts zurück: Im EU-Projekt „Justice“ hat sich das Team um Professor Dr. Solomon bereits am Aufbau eines grenzüberschreitenden Kooperationsnetzwerks für die Vermittlung von Kompetenzen und die Fortbildung von Juristen beteiligt.

Shots Magazin / © Fotos: Unsplash, CCO Public Domain / Quelle: obx-news

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